Bühl Ein glänzendes Kaleidoskop der heimischen Blasmusik boten die Musikvereine aus Weitenung und Sinzheim sowie das Jugendorchester beim Jahreskonzert des Blasmusikbezirks Yburg-Windeck im Bürgerhaus. Die drei Kapellen aus der Region überzeugten bei der musikalischen Leistungsschau vor mehr als 500 Besuchern mit anspruchsvollen Interpretationen auf gehobenem Niveau.
Schon seit Jahrzehnten bietet der Höhepunkt im Veranstaltungskalender des Blasmusikbezirks den Vereinen ein willkommenes Forum, sich einem fachkundigen Publikum zu präsentieren. Deren musikalische Leiter schätzen den Event insbesondere wegen der Möglichkeit, die Konzertvorbereitung auf wenige, dafür umso höherwertigere Musikstücke zu fokussieren. Von Marion Simeth stilvoll moderiert, war das Bezirkskonzert geprägt von sinfonischen Kompositionen. Das Konzertmotto „Licht und Schatten“ war keinesfalls Ausdruck unterschiedlicher Leistungsstärken der teilnehmenden Orchester, sondern es unterstrich die immense Spanne und enorme Klangvielfalt mit der die nahezu 200 Akteure auf der Bühne des Kulturtempels bei ihren Zuhörern punkteten.
Standesgemäß eröffneten fanfarenartige Klänge der „Atlantic Ouvertüre“ aus den Blechblasinstrumenten der Weitenunger Musiker das Jahreskonzert. Das eine Schiffsreise über den „großen Teich“ beschreibende Werk bestach durch gegensätzliche Klangwelten und –Räume, die Peter Minet und sein Orchester dynamisch und akzentuiert interpretierte. Zu einer klangfarbenreichen Reise in die Bergwelt entführten die 45 Akteure aus dem Bühler Stadtteil bei „Queen of the Dolomites“. Nach dem majestätischen Eingangsthema spiegelten lyrische Tonfolgen das mächtige Bergpanorama wider, bevor das lebhafte „Holz“ ein quirliges Zwischenspiel einläutete. Beim Finale dominierten prächtige Akkorde des tiefen Blechs, wobei insbesondere die Tenöre um ihren Registerführer Jürgen Hertweck mächtig auftrumpften. Musikalische „Trümpfe“ aus den 1980-er Jahren gab es dann mit dem Medley „80er Kult(tour)“ , einem flotten Arrangement mit vielen Oldies der „Neuen Deutschen Welle“.
Von einer beeindruckenden dynamischen Vielfalt war der Konzerteinstieg der Sinzheimer Musikanten geprägt. Beim Konzertmarsch „Mars de Medici“ bestach das Ensemble aus der Stabsgemeinde mit unzähligen, sehr fein aufeinander abgestimmten Nuancen der Tonstärke. Simon Huck, der seit 2015 in Sinzheim engagierte musikalischer Leiter, legte beim Jahreskonzert in Bühl viel Wert auf exaktes Spiel, was bei einer Orchesterbesetzung mit nahezu 60 Aktiven keine leichte Aufgabe war. Auch wenn die darauffolgende Komposition „Ferne Weite – ein Landschaftsbild“ wegen ihrer meist als relativ gleichförmig wahrgenommenen Charakteristik nicht alle Zuhörer emotional erreichte, gab es über die Qualität der Interpretation keine zwei Meinungen. Wesentlich besser kam Freddy Mercury’s Rock-Meisterwerk „Bohemian Rhapsody“ an: Die Begeisterung für das von Philip Sparke sehr nah am Original arrangierte Werk war sowohl beim Publikum als auch bei den Musikern selbst deutlich zu spüren. Paul Schmälzle und Alex Ziola würzten das Stück mit auf seiner E-Bass- und Klavierklängen.
Es war eng im Bürgerhaus – und das nicht nur auf den Zuhörerrängen, sondern nach der Pause auch auf der Konzertbühne, wo sich exakt 100 Jugendliche des Jugendorchesters die ansonsten ausreichend bemessene Aufführungsfläche teilten. Bei ihrem Auftritt im Bühler Kulturtempel unterstrich das aus nahezu allen 19 Mitgliedsvereinen des Bezirks bestehende Nachwuchsensemble seinen hohen blasmusikalischen Anspruch: Neben der allein schon quantitativ beeindruckend Besetzung zeichnet das Orchester die auch international anerkannte qualitative Leistungsstärke aus. Monika Gutmann, die seit 21 Jahren das Orchester leitet, weiß natürlich um das Potenzial ihrer Schützlinge. Das in der Literatur versteckte melodische Ideenreichtum in der von Gerhard Baumann arrangierte Ouvertüre „Pique Dame“ entfaltete sich in beeindruckender Klangfülle. Ein wahres Klanggemälde mit unzähligen wohlklingenden Akkorden, die feinjustiert trotz der opulenten Orchesterbesetzung in ihrer Intonation auch gehobene Ansprüche bedienten, ließ die Herzen der Freunde sinfonischer Musik höher schlagen. Nach der Ballade „We`re alone“ avancierte die Erstaufführung des Medleys „Toto in concert“ zum musikalischen Höhepunkt des Abends. Wer genau hinhörte, erkannte sehr schnell, dass einige Takte und Figuren bei Songs wie „Childs anthem“, „Africa“, „I will remember“ und „Rosanna“ einiges an Probenarbeit für ein sauberes Klangbild selbst bei den erfolgreichen Absolventen des goldenen Leistungsabzeichens erforderten. Aggressiv und sauber ausgespielte Triolen, von zurückhaltendem Holz flankierte, fein agierende Tenöre, dynamisch vorgetragene Literatur-Raffinessen und ein prägendes Schlagzeug-Shuffle würzten die von Thomas Asanger toll arrangierte Komposition.
Das traditionelle Finale mit dem Marcha de Libertad und Tobias Schultheiß und Julian Moser als Tenorhorn-Flügelhorn-Duett war stimmungsvoller Abschluss des überzeugenden Jahreskonzerts der heimischen Blasmusikvereine.
Text und Foto: Ingbert Ruschmann